Die Wiederkehr des
        Abstrakten Lichtbilds

    Abstrakte Fotografie besitzt eine ungebrochene Tradition. Seit
    1917 hat es zu jeder Zeit Künstler gegeben, die sie praktizierten.
    Wenn sich heute Künstler mit der Idee des ungegenständlichen
    Licht-Bilds auseinandersetzen, ist das nichts prinzipiell Neues.
    Eher der Versuch, den kreativen Spielraum zurückzuerobern,
    den Fotokunst zu Zeiten des »Neuen Sehens« Anfang der 20er
    Jahre besaß.

    Das Revival abstrakter Fotografie lief parallel zur Wiederentdek-
    kung des inszenierten Bilds, in Gang gesetzt am Ende der 70er
    Jahre aus dem Bedürfnis, die »moderne« Festlegung von Foto-
    kunst auf die Dokumentar-Ästhetik ad acta zu legen. Wer »post-
    modernen« Prämissen folgt, darf ja übers gesamte Vokabular
    der Ismen seit 1900 verfügen und sich alles das zusammensu-
    chen, was ihm ins Konzept paßt.

    Entsprechend breit ist deshalb das Spektrum heutiger Foto-Ab-
    straktion.

    Man findet Neo-Piktorialismen, die ihr Sujet durch Unschärfe-Ef-
    fekte abstrakt werden lassen. Kann auf geometrische Abstrak-
    tionen stoßen, die Konzepte konstruktivistischer Fotografie auf-
    greifen. Kann biomorpher Abstraktion begegnen, die surrealisti-
    sche Experimente fortzuführen scheint. Aber auch von Werken
    überrascht werden, für die es keine Vor-Bilder in der Fotografie
    gibt, sondern nur in der Malerei - wie Farbkompositionen nach
    Art »konkreter« Kunst etwa. Und das ist nur ein kursorischer
    Überblick, der nicht alle Tendenzen umfaßt, die heute auf dem
    Gebiet abstrakter Fotografie international tätig sind.